ACHTUNG – KEIN Versicherungsschutz für „Arbeits-KFZ“?

ACHTUNG – KEIN Versicherungsschutz für „Arbeits-KFZ“?


Maschinen

Problemstellung

Es besteht nunmehr die Gefahr, dass bestimmte Schadenfälle von behördlich zugelassenen (Gemeinde-) KFZ weder in der Kfz-Haftpflicht- noch in der Gemeinde-Haftpflichtversicherung versichert sind.  

·       Z.B.: Ein Gemeindeschneepflug verursacht beim Schneeräum-/ Streueinsatz, ein Gemeinde-Unimog beim Böschungsschneiden, ein Gemeinde-LKW beim Kehrmaschineneinsatz einen Schaden.

Praktisch kommt es in den Gemeinden wohl laufend zu kleineren (Sach-) Schäden, es kann aber auch zu großen finanziell äußerst belastenden Schadenfällen kommen (z.B. Personenschaden mit Dauerfolgen), die dann die Gemeinde mangels Versicherungsdeckung selbst ersetzen müsste.

Rechtlicher Hintergrund

Ende 2023 wurde das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz (VOEG) und das Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (KHVG) geändert. Hintergrund war eine Angleichung an EU-Richtlinien. Es gab bisher eine relativ klare Deckungsabgrenzung zwischen KFZ-Haftpflicht- und Betriebshaftpflichtversicherung - was bei der KFZ-Haftpflichtversicherung ausgeschlossen war, sollte in der Gemeinde-Haftpflichtversicherung Deckung finden können.

·       Der alte § 4 Abs. 1 Z 4 KHVG (Deckungsausschluss) für KFZ-Versicherungen lautete:

o  „Ersatzansprüche aus der Verwendung des versicherten Fahrzeuges als ortsgebundene Kraftquelle oder zu ähnlichen Zwecken“

·       AHVB Art. 7 Punkt 5.3 (Deckungsausschluss) für Gemeinde-Haftpflichtversicherungen lautet:

o  „5.3 Kraftfahrzeugen oder Anhängern, die nach ihrer Bauart und Ausrüstung oder ihrer Verwendung im Rahmen des versicherten Risikos ein behördliches Kennzeichen tragen müssen oder tatsächlich tragen. Dieser Ausschluss bezieht sich jedoch nicht auf die Verwendung von Kraftfahrzeugen als ortsgebundene Kraftquelle.

Der letzte Satz dieser Bestimmung stellt somit klar, dass Schäden aus der Verwendung von Kraftfahrzeugen als ortsgebundene Kraftquelle im Rahmen der Gemeinde-Haftpflichtversicherung mitversichert sind.

 

·       In der oben angesprochenen KHVG-Novelle wurde in § 4 Abs. 1 Z 4 KHVG der Deckungsausschluss nun neu formuliert:

o  „Ersatzansprüche aus der Verwendung des versicherten Fahrzeugs, wenn diese Verwendung im Unfallzeitpunkt nicht seiner Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig von den Merkmalen des Fahrzeugs und unabhängig von dem Gelände, auf dem das Fahrzeug verwendet wird, und der Tatsache, ob es sich in Bewegung befindet oder nicht;“

Praktische Auswirkung

Der Risikoausschluss der alten Version des KHVG „Ersatzansprüche aus der Verwendung des versicherten Fahrzeuges als ortsgebundene Kraftquelle oder zu ähnlichen Zwecken“ war in Bezug auf „ortsgebundene Kraftquellen“ relativ klar (z.B. Traktor mit Kennzeichen als Pumpenantrieb am Feld oder sonstige „artfremde“ Verwendung des Kfz durch Aufbocken, das Ausfahren von Stützen oder das Blockieren des Getriebes unter Weiterleitung der Motorkraft zu einem Kran).

Nach dem viel weiter formulierten neuen Ausschluss können aber dem Wortlaut nach schon weit mehr Fälle vom Versicherungsausschluss im KHVG betroffen sein (siehe Beispiele in der Einleitung).

Die KFZ-Versicherer haben ihre KFZ-Versicherungsbedingungen angepasst und den neuen Deckungsausschluss des KHVG in ihre KFZ-Versicherungsbedingungen aufgenommen – diese Änderungen gelten aufgrund gesetzlicher Ermächtigung automatisch für alle (auch bestehende) KFZ-Versicherungsverträge.

Aktuell gibt es nun Konstellationen, die „durch den Rost fallen“ – d.h. die weder in der KFZ-Haftpflicht- noch in der Gemeinde-Haftpflichtversicherung gedeckt sind, falls ein KFZ nicht gerade als „Beförderungsmittel“ eingesetzt wird.

Ein fehlender Versicherungsschutz für derartige Konstellationen wäre ein gravierendes Problem für viele derartig Betroffene: Gemeinden als Halter der KFZ, Gemeindebedienstete als mithaftende KFZ-Lenker und Geschädigte.

Handlungsempfehlung

Jede Gemeinde sollte umgehend ihre KFZ- und Gemeindehaftpflichtverträge prüfen und versuchen, schriftliche (!) Regelungen zum Schließen der Deckungslücke mit ihren Versicherungen zu vereinbaren.

 

Es handelt sich dabei um ein österreichweites Problem und sollten daher aus Sicht des Fachverbandes leitender Gemeindebediensteter NÖ (FLGÖ NÖ) die Gemeindevertretungsorganisationen (Gemeindebund, Städtebund etc. ) eine geeignete Hilfestellung für möglichst einheitliche und klare (gesetzliche) Lösungen geben, damit die einzelnen Gemeinden nicht der Marktmacht der Versicherer ausgeliefert sind.

 

 

Dr. Martin Mittermayr

Landesobmann







 


 



16.01.2025